The Lord of the Rings: The Two Towers (2002)

 

Für mich ist The Two Towers der Film des Jahres. Dass das nicht allen so gehen kann, ist klar. Eine ganze Schwemme von Kritiken will euch überzeugen, dass der Film genial, absolut scheisse oder sosolala ist. Meine Argumente kennt ihr aus meiner Kritik - die der "Gegner" aus den anderen Reviews. Nun, da man in vielen Berichten über den Film tonnenweise Bullshit liest, will ich mich hier mit ein paar negativen Punkten der Kritiker von The Two Towers auseinandersetzen. Mehr wird bald folgen ...


"Als ob es nicht schon schwer genug ist, sich alle dreckbeschmierten Gesichter zu merken." Der Spiegel
Da erübrigt sich wohl der Kommentar. Wer zu blöd ist, sich 20 Personen zu merken, hat im Kino nix verloren.

"Mordor, das Irak von Mittelerde" FAZ
... oder Nazi-Deutschland von Mittelerde. Beides liest man. Beides ist Quatsch. Man nehme irgendeinen Film und kann immer eine moderne Situation hineinlesen. "Citizen Kane" handelt nicht vom Aufstieg und Fall Deutschlands - mit etwas Fantasie kann man aber eine solche Struktur erkennen. Jeder halbwegs intelligente Mensch kann eine historische Begebenheit auf die Handlung eines Films drücken - und jeder ebenso intelligente Mensch erkennt die Idiotie dahinter. "The Two Towers" handelt nicht vom Irak, nicht von Hitler, nicht von Riefenstahl. Er ist kein Aufruf an die Amerikaner, endlich den Irak anzugreifen (Ents attackieren Isengard), er sagt nicht, die USA und Europa hätten sich gegen Hitler vereint (Elben & Menschen gegen Mordor). Nun, ihr seht, was ich meine. Es gibt ein paar mehr oder weniger offensichtliche Ansätze in Tolkien. Etwa das Zurückschlagen der Natur gegen die Industrie. Aber wer zuviel hinein interpretiert, zeigt sich von seiner möchtegern-intelligenten Seite.

"Tolkien ist rassistisch" University of Warwick (hier)
Dieser Diskussion bin ich müde. Politisch hyperkorrekte Menschen gehen mir am Arsch vorbei. Machen wir doch aus Aragorn einen Chinesen, machen wir aus Gimli eine Frau und aus Grima einen Schwulen. Das kann man, keine Frage. Dann sind alle zufrieden, oder? "Two Towers" spielt in Mittelerde. Wer soziale Strukturen unserer Welt auf diese Welt anwendet, tut der politischen Überkorrektheit einen Gefallen, der Fantasie nicht. Und auch nicht den Schwarzen oder Chinesen oder Schwulen oder Indianern oder ... Abgesehen davon handelt "Two Towers" davon, wie sich verfeindete Rassen zusammentun, um gemeinsam für eine bessere Welt zu kämpfen. Das Gegenteil von Rassismus. Wer dabei stets in Schwarz-Weiss-Gelb-Denken verhaftet ist, wer der Rassen-Idee überhaupt verfällt, ist rassistischer als Tolkien.
Jackson ein Rassist, Verhoeven ein Nazi. Solche hirnverbrannten Ergüsse muss man immer wieder lesen. Sie werden mit der Zeit auch nicht wahrer.
Und um es kurz zu sagen: Jeder, der in einem widerlichen, schleimigen, durch und durch bösen Orc auch nur im Entferntesten einen Schwarzen sieht, ist wohl der grösste Rassist, den es gibt.

"Riefenstahl-Ästhetik"
Die immer wieder gerne herbeigezogene Leni hat Massenszenen nicht erfunden. Die gabs in Rom, die gabs auf Bildern, die gabs im Kino. Und Massenszenen sind generell nichts Böses. Aber ob Kurosawa, ob Lucas, ob Jackson, ob Verhoeven, sie alle müssen immer wieder mal mit dem "Riefenstahl"-Unwort beworfen werden. Wer meint, die Ästhetik einer Massenszene sei an sich bereits faschistoid, ist so dumm, dass sich eine weitere Diskussion darüber nicht lohnt.
Abgesehen davon sind die Bösen ja hier die, die sich in "Riefenstahl-Formation" drängen. Wie jemand deswegen Jackson Riefenstahl-Ästhetik anschwärzt, kann ich nicht verstehen.

"die Totensümpfe [...] an ein Musikvideo der achtziger Jahre gemahnen als an einen vergangenen Krieg". Der Spiegel
Och Mensch. Die Totensümpfe sind ein brillantes Beispiel einer Bildkomposition. Mit einfachen Mitteln wird eine unheimliche Gegend erschaffen, die aus einer anderen Welt scheint. Zudem wirkt die neblige Szenerie wie eine Hommage an die alten Hammer-Filme. Musikvideos? Nun, man merkt, dass die Dame wohl lieber Musikvideos ansah, als Hammer-Filme. Das sagt genug aus.

"die Ents sind nicht realistisch"
Zeig mir einen laufenden Baum und wir reden nochmals darüber. Bis dahin ist ein gehender Baum, ein Ent also, eine Fantasiegestalt - und wie sie geht und sich bewegt, ganz Jackson überlassen. Abgesehen davon laufen sie majestätisch.

"Natürliche Gestik gerinnt zu festlichen Posen, die Frauen sind von keuscher Sanftmut, die Dialoge oft an der Grenze zum theatralischen Fieber." Weltwoche
Wer sagt eigentlich, dass Theatralik in einem Blockbuster immer Scheisse ist, während es in einem Independent-Film das Grösste der Gefühle ist? Shakespeare ist theatralisch, Dreyers "Gertrud" (1964) ist theatralisch, Antonionis ganzes Filmschaffen ist theatralisch. Da ist es gut, in "Two Towers" ist es schlecht. Wieso? Wenn König Théoden ein Gedicht seines Sohnes vorliest, während er angekleidet wird, ist das eine schlicht brillante Szene. Er posaunt die Worte in den Saal und verleiht der Szenerie ungemeine Kraft. Im Hintergrund sieht man die Leute an der Türe vorbeirennen, draussen beginnt der Krieg. Theatralisch? OK. Aber im guten Sinne.
Und wieso sucht man in einem Fantasieland mit Fantasiewesen "natürliche" Posen? Elben sind nicht natürlich. Sie wählen Worte mit Bedacht, sind weise und steif - logo hören sie sich dann nicht an wie ein Quentin-Tarantino-Film.

"Schlechte Effekte"
Jeder Reviewer hat irgendwo einen schlechten Effekt ausgemacht. Auch ich. Aber wenn 99% genial sind und ein Prozent nicht, dann lass ich mir dadurch nicht den Spass verderben. Leute, die Mühe haben mit "Suspension of disbelief" kann ich nur bedauern. Die können sich nur Kammerstücke ansehen. Um es mal so zu sagen: Ja, Gollum sieht hie und da nicht perfekt aus. Ja die Ents haben ein paar schlechte Bluescreen-Szenen. So fuckin' what? Es gibt keine perfekten Effekte. Mindestens 50% passieren immer noch bei uns im Gehirn. Und wenn dies nicht fähig ist, sich einer Szenerie hinzugeben, dann ist es nicht voll ausgebildet. Dann kann man ja "King Kong" (1933) nicht mehr ansehen. Der wimmelt von schlechten Effekten. Schlechtem Bluescreen. Leute die sagen, ja aber diese Effekte hätten mehr Charme, reden sich aus der Diskussion raus. Analytisch gesehen sind dies schlechte Effekte. Also ist der Film schlecht. Oder? Ich liebe "King Kong". Ich liebe "Two Towers". Weil ich hinter Gollum nicht die Bits suche, Treebeard nicht in seine Pixel zerlege, King Kong nicht als Drahtgestell mit Kunstfell anschaue und ET für mich kein Kleinwüchsiger in einem Gummianzug ist. Suspension of disbelief. Wer das nicht fertig bringt tut mir sehr sehr leid.

Roger Ebert findet den Film zwar gut, bricht aber seine eigene Regel: "Reviewe den Film, den du siehts, nicht den, den du sehen willst".

 


Weitere interessante Kritiken:

"A true cinematic masterpiece" -
http://www.lightsoutentertainment.com/movies/reviews.php?filmID=2&reviewID=31
Die vielleicht längste Kritik:
http://warofthering.net/specialnewspages/tttreviewfatty.shtml



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