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Drama. GB
Alternativer Titel -
Regie  
Stanley 
Kubrick
Drehbuch  
Stanley 
Kubrick nach dem Roman von William Makepeace Thackeray
Produktion
 Stanley 
Kubrick  
Musik Leonard Rosenman
Kamera John Alcott
Schnitt Tony Lawson
Darsteller Ryan O'Neal, Marisa Berenson, Leon Vitali, Murray Melvin, 
Patrick Magee, Dominic Savage, 
David Morley, Marie Kean, Frank Middlemass, 
Leonard Rossiter, Steven Berkoff, Hardy Krüger, Wolf Kahler
Länge 185 Min.
Kinostart 1975
| Humor | Spannung | Action | Gefühl | Anspruch | Erotik | 
|   |   |  |    |    |  | 
 ©  
Text Marco Spiess, molodezhnaja 23.12.2016
©  
Text Marco Spiess, molodezhnaja 23.12.2016
©  Bilder Warner Bros., 
Screenshots molodezhnaja
STORY  
Irland Mitte des 18. Jahrhunderts: Der junge Landadelige Redmond 
Barry (Ryan O'Neal) verliebt sich in seine Cousine. Die zieht, aus finanziellen 
Überlegungen jedoch den britischen Offizier Quin vor. Es kommt zum Duell 
zwischen den beiden, bei dem Quin getroffen wird. Barry flieht, wird unterwegs 
ausgeraubt und schliesst sich in der Not der britischen Armee an. Während des 
Siebenjährigen Krieges desertiert er und freundet sich mit dem preussischen 
Offizier von Potzdorf (Hardy Krüger). Der erkennt aber bald, dass er einen 
Deserteur vor sich hat, und zwingt Barry, in die Armee einzutreten. Dort verhält 
er sich so ehrenhaft, dass Potzdorf ihn als Informant auf den dubiosen Chevalier 
de Balibardi (Marisa Berenson) ansetzt. Der ist Ire und Barry wechselt seine 
Loyalität deswegen zu ihm. Das Duo reist fortan durch Europa, macht Geld am 
Spieltisch. So weckt Barry die Aufmerksamkeit der Lady Lyndon (Marisa Berenson), 
deren Mann bald stirbt. Ist nun Barrys Stunde gekommen?
REVIEW
 
    
Ein Kollege hat sich unlängst "Barry Lyndon" zum 
ersten Mal angeschaut. Er mag Kubrick, aber mit dem Film konnte er wenig 
anfangen. Bei der nachfolgenden Diskussion, warum er mir denn gefalle, wurden 
mir drei Dinge klar: 1) Ich hab "Barry Lyndon" ewig nicht gesehen 2) Ich 
bewundere ihn, aber halte ihn nicht annähernd für Kubricks Besten - auch wenn er 
in den letzten Jahren unter Filmkennern eine Renaissance erlebte, und auch ich 
mich immer wieder dabei ertappte, einzelne Szenen auf Youtube zu bestaunen. Und 
3) Ich muss ihn endlich wieder anschauen. Gedacht, getan.
Ja, er bleibt 
einer meiner weniger geliebten Kubrick-Filme, aber das muss nicht viel heissen, 
schliesslich sind fünf Werke dieses Genies in meinen Top 50 der besten Filme 
aller Zeiten (falls es jemand nicht zusammenreimen kann, das sind "2001", "A 
Clockwork Orange", "Dr. Strangelove", "Paths of Glory", "Full Metal Jacket"). 
Und alle anderen knapp dahinter. Wenn also "Barry Lyndon" nicht in die 
allerobersten Ränge vordringt, so ist er doch nichtsdestotrotz ein Meisterwerk 
und ein Film, den ich mit jedem Mal mehr schätze, ja mittlerweile wohl gar 
liebe.
Hauptgrund dafür ist das Offensichtliche: die Bildsprache. Kubrick 
verzichtete bekanntermassen auf künstliche Beleuchtung, um den Look des 18. 
Jahrhunderts zu treffen und ihn Gemälden jener Zeit anzupassen. Er besorgte sich 
Kostüme aus jener Ära, liess andere aus alten Stoffen anfertigen. Er setzte 
Kerzen zur Beleuchtung der Räume ein. Und er holte sich von Zeiss eine für die 
Nasa entwickelte Kamera, die auch kleinste Lichtmengen aufnehmen konnte. Am 
anderen Ende der Farbskala flachte sie die Farben etwas ab - doch selbst das 
wirkt rückblickend wie ein schlauer Schachzug, denn so bekommen die Bilder einen 
wunderbar verträumten Rokoko-Anstrich.
Auch die dazu passenden 
Kompositionen sind perfekt getroffen. Etwa die grossartigen Tableaus, in denen 
die Menschen nahezu untergehen - ein Leitmotiv in Kubricks Schaffen. Die Zooms 
gehen denn auch nahezu immer nach aussen, hin in die Totale oder die 
Massenszene. Das schafft Distanz und unterstreicht nicht nur die Isolation der 
Figur, sondern auch unseren Beobachterstatus als Zuschauer. Ein Grund, warum dem 
Film angekreidet wurde, er sei kühl. Es stimmt, dass Kubrick ein Zyniker war und 
seinen Filmen gerne einen kalten Anstrich gab. Aber wer etwa das Ende von "Paths 
of Glory" sieht, und immer noch Kälte spührt, dem kann nicht geholfen werden.
So gibt es denn auch in "Barry Lyndon" viele höchst emotionale Szenen, etwa 
die sich spiegelnden Tode von Barrys Mentor und später von seinem Sohn. Und auch 
die Figur des Barry, so ironisch sie vom nüchternen Erzähler begleitet wird und 
so wenig sympathisch sie bisweilen wirkt, erzeugt alleine schon durch ihre 
Aufstieg/Fall-Geschichte und ihre Naivität ein gewisses Mass an Mitgefühl. Nicht 
zuletzt ist allein auch die Farbpalette mancher Bilder dafür verantwortlich, 
dass dies wohl einer der "wärmeren" Filme Kubricks ist.
Das soll freilich 
nicht heissen, Kälte und Nüchternheit seien nicht da: vom genannten Erzähler 
über die dick gepuderten Gesichter und die manierierten Dialoge bis hin zur 
ruhigen Bildsprache und dem fast synthetischen Protokoll-Verhalten des Adels - 
alles generiert die gewünschte Entfremdung. Dies erlaubt Kubrick, so sezierend 
wie ironisch die "Ära des Ritterlichkeit" unter die Lupe zu nehmen, die in 
seinen Augen eben nicht nur Kavaliere hervorbrachte. Da kann der Strassenräuber 
noch so freundlich reden oder die Perücken noch so nobel sitzen: unter all 
diesem Äusseren lungert das Tier. Der Krieg etwa bringt es hervor, wenn die 
Soldaten ein Bauernhaus abfackeln, aber auch die Extremsituation.
Kubrick 
setzt dies auch visuell um. Denn als Barry, der den ganzen Film hindurch 
versucht, ein Gentleman zu sein, doch einmal austickt, wechselt die Kamera 
schlagartig von ihrem statischen Verhalten zur Handkamera, die unruhig ans 
Geschehen herangeht. Die ganze Sequenz ist eh genial: Sie beginnt mit einer 
Darbietung klassischer Musik, in die Lord Bullingdon und Barrys Sohn polternd 
hereinplatzen. Es kommt zu einer Hassrede Bullingdons gegen seinen Stiefvater, 
und eben zu jenem Ausraster des "Gentlemans" Barry Lyndon.
Klassische 
Musik spielt nicht nur in dieser Szene eine zentrale Rolle, sondern dürfte neben 
der Kameraarbeit das stärkste Verkaufsargument von "Barry Lyndon" sein. Das 
überrascht nicht, weiss Kubrick doch immer, wie er einen klassischen Soundtrack 
einsetzen soll und seine eh schon genialen Bilder geradezu ikonisch macht. 
Wiener Walzer im All? Dank Kubrick. Beethoven als Psychopathensound? Dank 
Kubrick. Und hier sind es nun vor allem Schubert und Händel. Ersterer kommt mit 
seinem hochmelancholischen Klaviertrio Nr. 2 zum Zug, das unter anderem bei 
Barrys Verführung der Lady Lyndon ihren kongenialen Einsatz findet.
Noch 
umwerfender ist Händels "Sarabande", das Hauptstück des ganzen Films, das in 
verschiedensten Interpretationen zu hören ist. Etwa wuchtig und glorios im 
Vorspann, oder melancholisch später im Film. Oder gar minimalistisch 
zurückgenommen, bis es fast an ein Morricone-Stück erinnert. Kein Zufall, denn 
Kubrick setzte " Sarabande" während der Duelle ein - die freilich noch weniger 
heroisch umgesetzt werden als in einem Italowestern. Hier schiesst man mal zu 
früh, verliert sich im Reglement, bescheisst den anderen. Soweit zu diesem 
ehrenvollen Kavaliersverhalten. Die ultimative Ironie des letzten Duells ist, 
dass Barry, der eigentlich nie dazulernt, endlich den Kavalier spielt, und dafür 
blutig bezahlt. 
In diesen Szenen ist Ryan O'Neal perfekt besetzt. Der 
Amerikaner musste Kritik einstecken, weil sein irischer Akzent zu wünschen übrig 
lässt und er viel zu passiv spielt. Das tut er durchaus, aber er ist der, dem 
Dinge passieren, nicht der, der Dinge tut. Bei Bedarf spielt er 
durchaus emotional, aber im Normalfall dient er (ebenso wie Model Marisa 
Berenson übrigens) nur als Teil von Kubricks Tableau-Gestaltung. Es ist in der 
Tat nicht einfach, satte drei Stunden so nah bei O'Neal zu sein, der so eintönig 
wirkt und dessen Figur nicht allzu sympathisch ist, aber Kubrick weiss so genau, 
was er mit den Figuren und ihrem Drumherum tut, dass man nicht eine Sekunde das 
Interesse verliert.
Kubrick erreicht mit dem Epos denn auch so viel auf 
einmal: Er erzählt die Geschichte vom ewigen Klassenkampf, dem Wunsch nach 
Aufstieg und Anerkennung. Er ironisiert dieses Streben, macht sich lustig über 
jene, die es geschafft haben. Er zeichnet ein düsteres Bild von Menschen und 
ihren animalischen Urtrieben. Er präsentiert ein ungeheuer authentisches Bild 
der Barock- und Rokoko-Ära, ihrer Riten und Konventionen, ihren Unsitten und 
gesellschaftlichen Korsetts. Er taucht tief ein in die europäische Geschichte 
rund um den Siebenjährigen Krieg.
Auf technischer Ebene präsentiert er 
einen audiovisuellen Geniestreich mit genialen Bildern, unübertrefflichem 
Musikeinsatz, stilvoller Montage. Wie damals 1975 all dies an vielen Kritikern 
vorbeigehen konnte, ist ein Rätsel. Der Film floppte anschliessend auch im Kino 
und erlebte erst später die ihm zustehende Re-Evaluation. Denn dies ist ein 
quintessentieller Kubrick-Film, von seiner perfektionistischen Inszenierung bis 
hin zu seiner Geschichte. Ein Film jedenfalls, den ich von Mal zu Mal mehr 
würdige. 
EXTERNE REVIEWS 
imdb.com
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Screenshots der DVD mit VLC 2.2.1, verkleinert und geschärft mit Photoshop CS2

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