The Lord of the Rings: The Return of the King (2003)

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US-Start: 17.12.2003
CH-Start: 17.12.2003


Regie: Peter Jackson
Buch: Peter Jackson, Frances Walsh, Philippa Boyens
Produktion: Peter Jackson, Frances Walsh, Barrie M. Osborne
Kamera: Andrew Lesnie
Musik: Howard Shore
Cast: Elijah Wood, Viggo Mortensen, Ian McKellen, Sean Astin, Liv Tyler, Orlando Bloom, Billy Boyd, Dominic Monaghan, John Rhys-Davies, Cate Blanchet, Bernard Hill, Miranda Otto, John Noble, Hugo Weaving, Andy Serkis, David Wenham, Karl Urban, Ian Holm
Kritiken:
James Berardinelli (USA)
4/4 ...
not only the best movie of 2003, but the crowning cinematic achievement of the past several years (link)
Moriarty, Aint-it-cool-news (USA) ...
It’s overwhelming (link)
Verleih: NewLine

 

Review:

2.12.03

Und Peter Jackson sprach: "Es werde Licht". In einer Zeit, in der grosses Kino von den Leinwänden verschwunden scheint, erschuf der Neuseeländer eine der unglaublichsten Filmreihen aller Zeiten. Und "The Return of the King" ist deren Kronjuwel. Die "Lord of the Rings"-Trilogie gehört zum Besten, was ich jemals auf der Leinwand gesehen habe. Und nun, da alle drei Teile vorliegen und Jacksons Epos als Ganzes beurteilt werden kann, ist für mich klar, dass dies das "Star Wars" meiner Generation ist. Dass Peter Jackson sämtliche Filmpreise dieses Jahres verdient. Und dass es grosses Kino eben doch noch gibt!

"The Return of the King" beginnt mit einer Rückblende in die Vergangenheit von Gollum, als er noch der Hobbit Smeagol (Andy Serkis) war. Damals mordete er für den Ring und wurde durch seine Macht zu einer scheusslichen Kreatur. Die nächste Sequenz zeigt Frodo (Elijah Wood), wie auch er vom Ring korrumpiert wird und sogar seinen besten Freund Sam (Sean Astin) anfaucht. Dieser Teil der Handlung ist nicht neu, die beiden vorangegangenen Filme haben diese Züge in Frodo bereits gezeigt - doch durch die Parallele zu Gollum bringt Jackson Frodos allfällige Verwandlung noch stärker heraus. Und da bin ich auch gleich ganz grob bei einer von Jacksons grössten Errungenschaften: Geschichtenerzählen durch Assoziiation. Er zeigt Gollum, danach Frodo und wir wissen, was passieren kann. Er zeigt das Shire am Anfang, die Zerstörung später. Und wir wissen, was passieren kann. Tolkien hat sein Buch in riesige Kapitel unterteilt, doch Jackson schneidet zwischen den Handlungssträngen hin und her. Das ist cineastisch der einzig richtige Weg - und Jackson macht ihn in Perfektion. Stets behält man geografisch die Übersicht. Wide Shots blenden für die Handlung zentrale Orte oder Hügel im Hintergrund ein, damit man die Orientierung behält, und Howard Shores Leitthema-Musik zahlt sich auch voll aus: Wenn die schönen nordischen Geigen spielen, sind wir in Rohan, wenn die Trommeln dröhnen in Mordor, wenn das Fellowship Thema läuft, geht es um Freundschaft. Visuell und akustisch wird man durch ein komplexes Gebilde gesteuert und merkt dabei gar nicht, was man alles aufsaugt. 12 Stunden in Tolkiens gigantischer Welt. Danach ist für alle Zeit Tolkiens Vision durch Jackson gefiltert. Wenn wir an "Herr der Ringe" denken, denken wir an Jacksons Interpretation davon. Das ist nicht nur positiv, aber es ist beachtlich. Er hat uns eine Welt offenbart, die wir nie mehr vergessen.

Überwältigende Gebilde, gewaltige Landschaften, unglaubliche Kreaturen - doch vor allem: Einzigartige Figuren. Die beiden Hobbits kämpfen sich weiter nach Mordor vor. Aragorn (Viggo Mortensen) rekrutiert die Armee der Toten und reitet mit den Kriegern von Rohan sowie seinen Freunden Gimli (John Rhys-Davies), Legolas (Orlando Bloom) und Merry (Dominic Monagha) Richtung Minas Tirith, der Hauptstadt von Gondor. Diese wird von Saurons Truppen bereits belagert. Gandalf (Ian McKellen) und Pippin (Billy Boyd) organisieren die Verteidigung, da der Statthalter Denethor (John Noble) dazu nicht in der Lage ist.

All diese Charaktere sind uns über zweieinhalb Filme ans Herz gewachsen und zum Schluss kostet Jackson dies hemmungslos aus. So hemmungslos, dass es Zynikern wohl sauer aufstösst. Es gibt geradezu sechs Finale - und jedes davon hat mir die Tränen ins Auge gedrückt. Melodrama pur. Denn die Charaktere verabschieden sich nicht nur voneinander, sondern auch von uns. Drei Jahre haben sie uns begleitet. Wer sie bisher nicht ins Herz geschlossen hat, der wird sich bloss noch ärgern, wird sich ab zu vielen Schlüssen nerven und das Ende der Schlachten herbeisehnen. Aber diese Leute atmen auch kein Kino. "The Lord of the Rings" ist ein Film für die Leute, die Kino von Herzen lieben. Und die haben auch keine Mühe, dass die Hobbits zweimal geehrt werden, dreimal verabschieden und viermal weinen. Sie haben es sich schliesslich verdient. Und wir wollen jeden Moment davon auskosten. Ich weiss, ich bin etwas vage, aber ich wollte eine halbwegs Spoiler-freie Zone schaffen für die, die das Buch nicht gelesen haben. Lest das Buch. Schaut euch den Film an. Jackson änderte viel. Einiges davon würde Tolkien nicht gefallen. Doch das ist egal - dies ist Jacksons Interpretation. Und sie ist eine Wucht.

Nun eine mittelmässig gespoilerte Sektion. Alles was hier vorkommt, habt ihr sicher schon irgendwo online gelesen ...

Was Jackson auch dieses mal voll richtig macht, sind die Effekte. Von der Spinne Shelob über die fliegenden Nazgul bis hin zu den kämpfenden Oliphaunts und dem Einsturz von Barad-dûr: jeder Effekt ist mit Liebe gemacht und sieht auf der Leinwand sensationell aus. Die Massenszenen sind Überwältigungskino der Extraklasse. Besonders gut gefallen haben mir die Establishing Shots von Minas Tirith mit dem gewaltigen Plateau hoch oben. Das sieht einfach phänomenal aus. Oder eben der EInsturz von Barad-dûr. Oder die epische Schlacht auf den Pelennor Fields. Wie Legolas an einem Oliphaunt hochklettert, die Besatzung herunterholt, das Tier reitend mit gezielten Schüssen erlegt und auf dem Rüssel des stürzenden Tiers heruntersaust, um es mit einem selbstgratulierenden Kopfnicken zu bwerten, muss man gesehen haben - das holte sogar Szenenapplaus beim Presse-Screening, etwas, was ich noch nie erlebt habe. Jackson fährt alles auf, von katapultierten Köpfen über auf die Massen herabdonnernde Felsstücke und einen gigantischen lodernden Rammbock. Einige Effekte sind ziemlich blutrünstig und Horror-würdig. Ich kann gar nicht alles aufzählen, was hier aus dem Ärmel gezogen wird. Und immer wieder kommt Verstärkung da, Hilfe dort. Wer sich nicht für die LotR-Welt interessiert, hat bald genug von den Anpeitschungs-Reden, den Fights, den verzweifelten Blicken - doch ich sog jede Sekunde davon auf. Die Vorbereitung auf die Schlacht, das strategische Planen, davon kann ich nicht genug bekommen. Und wenn es dann soweit ist, wenn sich der Krieg entlädt, schwillt mir das Herz an. Jackson kostet die Szenen voll aus. Wenn die Reiter von Rohan erscheinen, stellen sich mir die Rückenhaare auf. Wenn Aragorn, Leogolas und Gimli helfend auftauchen, entweicht mir ein kleiner Freudenschrei. Alles ist so fantastisch inszeniert ... und doch ...

... und doch dient ja alles nur dazu, um Frodo Zeit zu verschaffen. Das ist ein Teil des Genies der Story. Das Säbelrasseln, der riesige Tumult ist eigentlich bloss eine Randerscheinung, das macht auch Jackson stets klar. Frodo allein hat das Schicksal in der Hand. Der kleine Hobbit aus dem Shire. Das Shire existiert im Film und auch bei den Zuschauern nur noch als vage Erinnerung. Und wenn Sam fragt, ob sich Frodo daran erinnert, fragt man sich das auch. Das, was es zu retten sieht, wirkt weit entfernt, und man spürt die Hoffnungslosigkeit wie selten in einem Film zuvor. Wie Sam selbstlos Frodo anfeuert, ihm hilft, ist niederschmetternd. Und wenn er ihn auf den Rücken lädt, als er kaum mehr gehen mag, bricht mir Sam das Herz. Die letzte Stunde gehört ihm voll und ganz. Der etwas naive, etwas tolpatschige Sam mit dem grossen Herzen. Da liegt wohl auch der Punkt, der die Spreu vom Weizen trennt. Wer in Sams Geschichte Zynismus sucht, verliert auf der ganzen Ebene. Sam ist die naive Reinheit, die es in Filmen heute kaum mehr gibt, und die in vielen Filmen auch stören würde. Doch Sams Story verkörpert fast am besten Tolkiens Streben nach Frieden und Harmonie. Und Jackson weiss das auch richtig auf die Leinwand zu bringen.

Sean Astin spielt schlicht brillant, das hätte ich ihm nie zugetraut. Nicht minder superb ist Elijah Wood, dessen ganzes Spektrum über die drei Filme nun endlich ganz aufgedeckt wird. Ian McKellen hat wieder etwas vom Charme des ersten Teils, den er in "Two Towers" verloren hat. Billy Boyd ist ein weiterer Sieger, der viel besser ist, als in den Filmen zuvor. Viggo Mortensen, Hugo Weaving, Liv Tyler, Dominic Monahan, Bernard Hill, John Noble und Ian Holm sind sehr gut. Miranda Ottos Szenen auf dem Schlachtfeld drücken entweder auf die Tränendrüsen (beim Tod einer geliebten Person ...) oder motivieren zum spontanen Applaus (ihr Kampf gegen den Witch King der Nazgul).  Und David Wenham, den ich "Two Towers" nicht so mochte, ist brillant als Faramir. Als sein Vater ihn demütigt und nochmals zum Zug gegen das verlorene Osgiliath drängt, hat er feuchte Augen - und mir gings genauso. In "The Return of the King" gibt es tonnenweise solcher Momente. Wer erwartet ein so subtiles Vater-Sohn-Drama in einem Fantasy-Epos? Oder ein Exkurs über Schizophrenie, über Freundschaft, über Politik, über Essen, über Rauchen ... über alles. Es steckt so viel in diesen 12 Stunden, das kann ich nur wiederholen. Grosse Dinge, kleine Dinge. Und alles davon saugt ein Fantasy-Liebhaber mit Genuss auf - und bleibt am Schluss emotional ausgesaugt und niedergeschmettert zurück. Im positiven Sinne.

So nun noch ein wenig mehr Spoiler - nur für die, die das Buch kennen ...

Jackson hat viel geändert, das weiss man längst. Dass er Saruman weg liess, stört. Er hätte "Two Towers" mir dem Tod Sarumans beenden können. Nun wird sein Schicksal angesprochen (vor Isengard sagt Gandalf, seine Macht sei weg), doch Sauron wird nun als eigentlicher Bösewicht aufgebaut. Insofern war die Entscheidung, Saruman aus Teil 3 rauszulassen, okay, aber er hätte in Teil 2 abgeschlossen werden müssen. Im Buch taucht er am Schluss von "The Return of the King" ja nochmals für die Zerstörung des Shires auf - die Sequenz wird fehlen, das wusste man von Anfang an. Und es ist gut, dass sie fehlt. Das Ende würde sonst unnötig ausgedehnt, was im Buch funktioniert, im Film aber holprig wirkt. Selbst so ist das Abschliessen aller Handlunsstränge etwas lang. Als der Ring in einer brillanten Szene endlich in Mount Doom versinkt und die Schlacht am Black Gate (ein weiteres Meisterstück) endet, folgt die Trauer über die Toten, die Freude über den Sieg und viel Melancholie. Die Krönungsszene in Minas Tirith ist bombastisch. Als die Menge vor den Hobbits kniet, bekam ich weiche Knie. Keiner zu klein, ein Held zu sein - die Botschaft findet hier ihren absoluten Höhepunkt. Und wenn sich die Gefährten dann trennen, kommt die LotR-typische Melancholie voll zum Zug. Die Hobbits kehren heim, finden aber nicht richtig das Glück. Dass Bilbo nochmals auftaucht, dass die Verabschiedung mit den Elben lange dauert, das kann man sicherlich so sagen - doch als Frodo geht und so Sam sein eigenes Leben mit einer Familie erst ermöglicht, ist kein Funke Zynismus zu sehen. Ja, Kitsch. Sam hat sich diesen Kitsch aber eben verdient. Kitsch muss man sich verdienen durch Leid, durch Elend, durch Krieg - was auch immer. Und zudem wird der Kitsch ja erst ermöglicht durch Melancholie, durch Frodos Abgang. Traurigkeit geht einher mit Freude. Das schwächt den Kitsch ab, aber macht ihn noch immer nicht zynisch. In meinen Augen hat Jackson jedenfalls den Ton zum Schluss perfekt gefunden. Sechs Schlüsse? Super - dann kann ich sechs mal heulen. Ich hätte auch zehn Schlüsse genommen. Denn ich wollte nicht, dass meine Freunde gehen. Dass dieses Epos zu Ende geht. Wie am Ende von "Return of the Jedi". Oder beim Davonreiten von Indy & Co in "Indiana Jones and the Last Crusade". Die Freude über ein kongeniales Kinoerlebnis und die Trauer darüber, dass eine grossartige Zeit im Kino vorbei ist, hält sich die Waage. Also auch bei mir als Zuschauer Kitsch und Melancholie. Und grenzenlose Freude über einen perfekten Film.

Ich tippe viel zu viel, ich weiss. Ihr werdet kürzere, prägnantere Kritiken finden, doch ich wollte einfach vieles abtippen, vieles sagen, was mir einfiel. Vielleicht nicht immer kohärent, aber ich hoffe, man kanns lesen. Und weil vieles noch fehlte, hier noch mehr :) ... Pippins Lied für Denethor war für mich ein Tiefpunkt, da in meinen Ohren Hobbits so nicht singen sollten. Aber was heisst schon "tief" in einem solch brillanten Film. Arwen war besser als in "Two Towers", wo viele ihrer Reden mich leicht langweilten. Gandalfs Ritt gegen die Nazgul, als die Reiter um Faramir zurückkehren, ist wunderbar. Dieser Shot, wow. Wird all dies die Zweifler befriedigen? Wohl kaum. Wenn man will, kann man den Film im Nu lächerlich machen. Wieso erfinden die doofen Hobbits nicht endlich Schuhe? Wieso bringen Saurons Truppen ihre besten Waffen nicht von Anfang an? Oder man verarscht die Melancholie, die "kitschigen" Themen. Man macht aus Sam und Frodo eine Homo-Liebe. Kann man alles machen - wäre wohl auch Stoff für eine blendende Parodie à la "Spaceballs". Doch wer das während dem Film macht, der hat den Sinn des Kinos nicht verstanden und hat in einem Kinosaal eigentlich nichts verloren. Anders kann ich das nicht sagen. Auch wer meint, der Film sei rassistisch, weil der Anführer der bösen Männer eine schwarze Hautfarbe hat - oder wer meint, der Film thematisiere ein Bündnis der westlichen Welt gegen Terrorismus - oder wer meint, Frauen kämen zu wenig vor - der hat keine Ahnung. In Tolkiens Universalismus kann man alles hinein interpretieren. Kann. Sollte man aber nicht - denn es ist nicht fruchtbar. Da schaut man lieber die Nachrichten und interpretiert in die Realität. Fruchtbar ist es hingegen, sich dem Film ganz hinzugeben, ihn zu geniessen. Wenn von Freundschaft geredet wird, soll man über den Wert von Freundschaft nachdenken. Wenn über den Preis für den Frieden geredet wird, kann man sich fragen, was man selbst tun würde. Eine Frage, die mich als Pazifisten natürlich besonders wurmt. Aber das würde zu weit führen.

"The Return of the King" ist einfach ein wunderbarer Film mit wunderbaren Charakteren und wunderbaren Themen. Verpackt in eine wunderbare Präsentation. Eigentlich brauche ich gar keine anderen Adjektive zu suchen. Wunderbar trifft alles. Die besten Szenen? Oh, viele. Wie Legolas den Oliphaunt erlegt, wie Eowyn den Witch King killt, wie sich Denethor flammend von der Spitze von Minas Tirith stürzt, wie Gondor mit Flammenzeichen Rohan um Hilfe bittet, wie Gollum in die Lava fällt, wie Gandalf mit Licht aus seinem Stab gegen die Orcs reitet, wie Shelob sich wie eine echte Spinne bewegt, wie Menschen über die Mauern von Minas Tirith blicken, und ein Heer von biblischem Ausmass sehen, wie Denethor Faramir in den scheinbar sicheren Tod schickt, wie die Leute vor den Hobbits niederknien, wie Barad-dûr donnernd zu Boden stürzt und eine Welle freisetzt, die die Armeen der Bösen regelrecht verschluckt. Und die allerallerbeste: Wie Sam und Frodo auf dem Felsen inmitten der Lava sitzen, über das Shire reden und umarmend auf den Tod warten - und dann die Adler erscheinen. Ich bekomme feuchte Augen, wenn ich nur daran denke ...



page created: 29.6.03  ~  last updated 2.12.03

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