Harry Potter and the Prisoner of Azkaban (2004)

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US-Start: 4.6.2004
CH-Start: 3.6.2004

 

Regie: Alfonso Cuarón
Buch: Steven Kloves nach dem Roman von J.K. Rowling
Produktion: Chris Columbus, Mark Radcliffe, David Heyman
Kamera: Michael Seresin
Musik: John Williams
Cast: Daniel Radcliffe, Emma Watson, Rupert Grint, David Thewlis, Robbie Coltrane, Gary Oldman, Michael Gambon, Alan Rickman, Emma Thompson, Maggie Smith, Richard Griffiths, Timothy Spall, Fiona Shaw, Robert Hardy, Julie Walters, Warwick Davis, Julie Christie
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Kritiken:
James Berardinelli (USA) 3/4
(c) Warner Bros

 

Review:

3.6.04

Der hohe Standard der "Harry Potter"-Reihe ist beeindruckend. Harry Potter and the Philosopher's Stone war ein gelungener Auftakt, etwas lang, da es viele Charaktere einzuführen gab, aber stets auf naive Art faszinierend. Ein Film für grosse und kleine staunende Augen. Harry Potter and the Chamber of Secrets war happig zu lang, aber etwas düsterer und dank charakterlichen Weiterentwicklungen stets unterhaltsam. Zudem lieferte Kenneth Branagh eine blendende Vorstellung und visuell entwickelte sich Chris Columbus weiter. Die schwächste Folge bisher - doch dennoch 4 Sterne. Und nun kommt "Harry Potter and the Prisonder of Azkaban". In meinen Augen das beste Buch der Reihe, das ich gelesen habe. Und nun auch der beste Film. Ich gebe die 4½ Sterne zwar nur knapp, aber ich muss deutlich hervorheben, wie gut er ist und wie er die beiden bereits gelungenen Vorgänger noch übertrumpft. Das bisher längste Buch ergibt den kürzesten Film. Da ist bereits klar, dass Regisseur Alfonso Cuarón und Drehbuchautor Steven Kloves mehr gekürzt haben. Und mehr wirklich adaptiert. Dies mit dem Segen von J.K. Rowling, die entdeckt hat, dass wenn sie die Zügel etwas lockerer lässt, die Filmemacher mehr Freiheiten haben - und sich cineastisch austoben können.

Das tut der Mexikaner Cuarón auf jeden Fall. Erfahrungen mit fantastischen Stoffen hat er mit "A Little Princess" holen können, der Film, der mir gezeigt hat, dass er ideal ist für "Potter". Und Cuarón hat auch Erfahrung mit Teenies, wie sein Y tu mamá también zeigt. Der hat zwar mehr Sex als alle Potter-Bücher zusammen jemals haben werden, doch Cuarón hat das Spektrum von Kind bis Teenie im Repertoire und "Azkaban" zeigt das famos. Es ist wirklich schade, dass Cuarón die Serie nicht weitertragen darf, denn ich hätte gerne gesehen, wie die drei Hauptfiguren unter seiner Führung aufwachsen. Das macht ja einen Reiz der Filmserie aus: mit diesen nun bekannten Gesichtern grösser und älter werden. Sozusagen eine parallele, abenteuerliche Jugend erleben. Nun, den nächsten Film übernahm Mike Newell, da der Dreh von 3 und 4 sich überschnitten und Cuarón sich ganz Teil 3 widmen wollte. Vielleicht kehrt er ja für den fünften wieder zurück in den Regiestuhl ...

"Azkaban" beginnt wie die beiden Vorgänger auch bei den Dursleys (PS: in Teil vier wurden sie aus Platzgründen entfernt) und Harry (Daniel Radcliffe) leidet immer noch unter dem Regime seines Onkels (Richard Griffiths). Als er seine böse Tante aufbläst, flieht er. Er besteigt einen Zauberbus und wird beim "Leaky Cauldron" abgeladen. Unterwegs hat er erfahren, dass der Möder Sirius Black (Gary Oldman) aus dem Gefängnis von Azkaban ausgebrochen ist und Harry  in Gefahr schwebt. Doch dieser Gedanke ist vergessen, als er seine Freunde Hermoine (Emma Watson) und Ron (Rupert Grint) trifft. Zusammen reisen sie nach Hogwarts. Untwerwegs stoppt der Zug. Die Dementoren, die Wächter von Azkaban, suchen nach Black. Als die Wesen, die alle positiven Gedanken aus dem Kopf ihres Gegenübers saugen, bei Harry vorbeischauen, fällt er in Ohnmacht. Nur ein Zauberspruch von Prof. Lupin (David Thewlis), dem neuen Dozenten für den Kampf gegen Schwarze Magie, rettet Harrys Leben. In Hogwarts werden sie von Dumbledore (Michael Gambon) begrüsst, treffen alte Freunde (Robbie Coltrane, Maggie Smith) und alte Feinde (Alan Rickman, Tom Felton) sowie ganz neue Gesichter (Emma Thompson).

Die Schule wird von den Dementoren bewacht beziehungweise bedroht, was konstant eine unheimliche Stimmung in den Film bringt. Nicht nur deshalb ist "Azkaban" düsterer: Hogwarts wurde re-designt und liegt in einer dreckigeren Landschaft, es regnet oder schneit konstant, die Ereignisse sind bedrohlich. Ich weiss nicht, wie ich als 10-Jähriger auf den Film reagiert hätte, aber ich befürchte mit Albträumen. Die Szene am Anfang, in der ein Hund oder Wolf Harry beobachtet, erinnert mich an meinen häufigsten Kinder-Albtraum von einem Werwolf, der im Gebüsch lauert. Insofern hat "Azkaban" schon eine unheimliche Wirkung auf Kids. Doch der Humor und die abenteuerlichen Actionszenen brechen die Anspannung immer wieder auf. Der Look des Films bleibt aber sensationell. Noch genialer als bei den Vorgängern. Ich habe jeses Bild aufgesogen. Kreaturen im Vollmondlicht, Kamerafahrten durch knarrendes Gebälk, saftig-feuchte Wiesen, es sieht einfach fantastisch aus in dieser Welt. Realistischer und eben ... bedrohlicher.

Die Kids passen super in diese Umgebung. Radcliffe ist nicht der beste Schauspieler der Welt, doch am Rande des Stimmbruchs ist er immer noch der ideale Harry und ein charmanter Wuschelkopf. Wenn er "expecto patronum!" schreit, dann schreit man am liebsten mit. Rupert Grint ist der ideale Sidekick und Emma Watson ist einfach süss. Wie gesagt, es ist wunderbar, die Kids aufwachsen zu sehen und eine Neubesetzung wäre deshalb nicht angebracht. Eine Neubesetzung gab es indes schon, doch eine problemlose: Richard Harris ist verstorben, weshalb Michael Gambon den Dumbledore spielen darf. Der Wechsel geht fliessend von Statten: Gambon ist etwas frecher und wirklich gut. Es sind sowieso die Nebendarsteller, die "Harry Potter" die ganz spezielle Note gaben und geben. Alan Rickman ist delikat diabolisch wie immer. David Thewlis, für mich einer der Besten im Film, ist warmherzig und toll. Maggie Smith kommt etwas zu kurz, Robbie Coltrane überzeugt wie eh und je. Und dann ist da natürlich Gary Oldman, ebenfalls ein überzeugender und überraschender Neuzugang. Kenneth Branagh ist weg, dafür ist seine Ex-Frau dabei ... Emma Thompson als schräge Trewlaney. Die Rolle ist schrill, doch eine geile Parodie auf all die Esotherik-Fundis, denen die Realität abhanden gekommen ist.

Ein weiterer Charakter ist die Musik. John Williams hat in den ersten beiden Filmen ja böse gesagt das hübsche Titelthema endlos wiederholt. Diesmal ist sein Soundtrack expressionistischer, passt zu jeder Szene und reisst mit, obwohl die Musik im Hintergrund bleibt. Super. Und das bringt mich zu den Effekten. Die sind eindeutig ein grosser Schritt vorwärts. Der Hippogryff ist einer der besten Spezialeffekte aller Zeiten, am anderen Ende des Spekturms ist der Werwolf, der nicht wirklich gelungen ist. Aber das Gesamtniveau ist fantastisch.

Tolle Akteure, fantastischer Look, rasante Musik, brillante Effekte, liebevolle Charaktere, eindrückliches Erzähltempo - was will man mehr? Einen guten Plot! Und den hat "Azkaban". Die Folge hat nicht das grandioseste Finale, aber die besten Twists. Die grossen Enthüllungen in der Waldhütte habe ich im Buch im Eiltempo verschlungen. Cuarón hetzt durch die Szene, aber sie bleibt top. Überhaupt kommt zu keiner Sekunde Langweile auf, da viel Ballast abgeworfen wurde. Das Buch ist nuancierter, aber eine gute Adaption weiss eben, was man weglassen kann. Schade, fehlt Material über die Karte oder die Dursleys, aber was solls: Das Tempo muss cineastisch stimmen - wer mehr Material braucht, sollte die Bücher lesen. Im Film wechselt sich Action mit Grusel ab, Humor mit neuen Erkenntnissen über Harrys Eltern. Dies steht im Zentrum. Nicht ein grandioser Kampf, sondern Neuigkeiten über die Potters. Wenig? Ach was, denn da beweist "Harry Potter" eben, dass er nicht nur Big-Budget-Nonsense ist, sondern was zu sagen hat über den Wert von Familie, Freundschaft und Erwachsenwerden. Nicht der tiefsinnigste Film, aber einer, der sich nie dumm stellt und sein Publikum genauso ernst nimmt wie seine Charaktere.

Also. Ein - dieses Wort muss ja mal kommen - magischer Film, den ich als bisher besten des Jahres empfand. Ein Film für Fantasyfreunde von 9 bis 99, einer, der mich auf ganz verschiedenen Ebenen ansprach: als Spektakel, als "Herumhängen mit Freunden", als Abenteuer und als Film fürs Herz. Wenn ein Charakter am Schluss Harry ans Herz fasst und meint, geliebte Menschen sterben nie, dann ist das ein wirklich bewegender Moment, weil wir so viel in diese Charaktere investiert haben. Die Person, die es sagt, macht den Satz besonders cool - denn so sind wir es von ihr eigentlich nicht gewohnt. Unbedingt anschauen. Wer den Film nicht gouttieren kann, hat in meinen Augen die Jugend endgültig hinter sich gelassen. Und mit ihr das Gefühl für Abenteuer, Neugier und Fantasie ...


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